Digitale Lexikographie
Wörterbücher im Open Access
Lexikographie ist heute digital
Bei der Erarbeitung von Wörterbüchern werden digitale Verfahren schon lange eingesetzt, bei ihrer Veröffentlichung wird seit vielen Jahren häufig das Hybrid-Format gewählt, d.h. es erscheinen eine Druckfassung und eine digitale Ausgabe.
Seit der Gründung des TCDH im Jahr 1998 bildet die digitale Publikation und Erschließung von Wörterbüchern und Nachschlagewerken sowie deren Verknüpfung einen wichtigen Schwerpunkt. Die Erarbeitung dieser Ressourcen richtete sich von Anfang an nach internationalen Standards. Durch die digitale Vernetzung der Wörterbücher können die Nutzer:innen einfache übergreifende Suchen durchführen.
In dem von der Community und der interessierten Öffentlichkeit intensiv genutzten „Wörterbuchnetz“ – das monatlich ca. 300.000 Zugriffe verzeichnet – werden zurzeit über dreißig lexikalische Wissensressourcen miteinander verbunden: Enzyklopädien, Wörterbücher der älteren Sprachstufen des Deutschen und regionalsprachliche Wörterbücher, ferner Meyers Großes Konversationslexikon, das Deutsche Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm und das Goethe-Wörterbuch. Die generisch angelegte Architektur der Wörterbuchnetz-Infrastruktur ermöglicht eine effiziente Erweiterbarkeit des Angebots und die schnelle Integration weiterer (in XML ausgezeichneter) Quellen. Das Wörterbuchnetz bietet eine Vielzahl an Recherchemöglichkeiten. So ist es zum Beispiel möglich, ein Stichwort vom Grimmschen Wörterbuch zum Goethe-Wörterbuch oder zu regionalsprachlichen Wörterbüchern zu verfolgen.
Darüber hinaus entwickelt das TCDH zurzeit das generische, modulare Werkzeug „Publex“, das eine eigenständige und einfache Veröffentlichung von Wörterbüchern durch die Scientific Community ermöglicht. In die Bedienung werden kurze Tutorials einführen. „Publex“ ist Teil des von „Horizon 2020“ geförderten EU-Projekts ELEXIS, an dem siebzehn Partnereinrichtungen aus 14 Ländern beteiligt sind.
Eines der ersten und erfolgreichsten Projekte des TCDH war und ist der „Digitale Grimm“, der das wichtigste und umfangreichste Wörterbuch der deutschen Sprache, das zwischen 1854 und 1971 erschienene und 33 Bände umfassende Deutsche Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digital verfüg- und durchsuchbar gemacht hat. „Ein Massiv wird zur Scheibe“ titelte 2003 der Spiegel anlässlich der Publikation im Internet und, wie damals üblich, auf CD-ROM. Das digitale Nachschlagewerk ist, wie auch das Wörterbuchnetz, bei jeder Art von philologischer bzw. sprachhistorischer Arbeit nicht mehr wegzudenken. Mit der Version 01/21 des Wörterbuchnetzes ist nun auch die Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs (A–F; ²DWB) online verfügbar.
Das erste Projekt des TCDH auf dem Gebiet der digitalen Lexikographie war das DFG-geförderte Vorhaben „Mittelhochdeutsche Wörterbücher im Verbund“, bei dem zwischen 1997 und 2002 das „Mittelhochdeutsche Wörterbuch“ von Georg Friedrich Benecke, Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke (= BMZ, 1854–1866), das „Mittelhochdeutsche Handwörterbuch“ von Matthias Lexer (1872–1878) samt dessen Nachträgen und das „Findebuch zum mittelhochdeutschen Wortschatz“ (1986–1992) retrodigitalisiert, in XML ausgezeichnet und sowohl im Internet als auch auf CD-ROM publiziert wurden.
Im Zeitraum von 2016 bis 2019 wurde vom BMBF das Verbundprojekt „ZHistLex“ gefördert, an dem neben den Wissenschaftsakademien in Berlin, Göttingen und Mainz sowie den Universitäten Gießen und Frankfurt auch das TCDH als Partner beteiligt war. Ziel dieses Vorhabens war es, ein standortübergreifendes eHumanities-Zentrum für Historische Lexikographie aufzubauen. Gemeinsam wurden dabei generische Methoden für die Integration, Präsentation und Nutzung von digitalen Wörterbuch- und Korpusdaten entwickelt, dokumentiert und beim Aufbau eines lexikographischen Forschungsportals erprobt, um neue Möglichkeiten der digitalen Er- und Beforschung historischer Lexikographie sowie deren Ergebnisse etwa im Bereich der Wort- und Wortschatzgeschichte zu demonstrieren. „ZHistLex“ sollte zu einer Anlaufstelle werden, die die disziplinär gewachsenen Wissensbestände in einer zeitgemäßen und systematischen Form bündelt, um sie für aktuelle und zukünftige Forschung bereitzustellen. Dem Zentrum kam somit auch eine Integrationsfunktion zu, geeignet, die wissenschaftliche Zusammenarbeit und den Austausch der Wissenschaftler:innen an Akademien, Universitäten und an Forschungsinstituten zu verstetigen.