Performative Konfigurationen der Projektionskunst in der populären Wissensvermittlung
Medienarchäologische Fallstudien zur Geschichte der Gebrauchsmedien und des Screen
Projektleitung: Prof. Dr. Yvonne Zimmermann (Philipps Universität Marburg – Institut für Medienwissenschaft ) · Philipps Universität Marburg – Institut für Medienwissenschaft · Prof. Dr. Claudine Moulin (Universität Trier - Germanistik (Ältere deutsche Philologie)) · Universität Trier - Trier Center for Digital Humanities (TCDH) · Prof. Dr. Martin Loiperdinger (Universität Trier – Fach Medienwissenschaft) · Universität Trier – Fach Medienwissenschaft
Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Laufzeit: -
Ansprechpartner (TCDH): Prof. Dr. Claudine Moulin; Dr. Thomas Burch
Forschungsbereich(e): Softwaresysteme und Forschungsinfrastrukturen, Digitale Literatur- und Kulturwissenschaften, Digitale Edition und Lexikographie
Schlagworte: virtuelle Rekonstruktion von dislozierten Beständen, 19th century, Sammlungen
Projektseite: elaterna
Das Projekt betreibt Grundlagenforschung zur Geschichte der zeitbasierten Gebrauchsmedien. Ziel ist die Erforschung der historischen Projektionskunst als visuelles und performatives Massenmedium zur populären Wissensvermittlung im ‚langen’ 19. Jahrhundert. Die populäre Wissensvermittlung avancierte im 19. Jahrhundert zum dominanten Verwendungsgebiet der Projektionskunst und etablierte die Projektion von Bildern auf der Leinwand bzw. dem Bildschirm (screen) als Kulturtechnik. Als Gebrauchsmedium wurde die Projektionskunst dazu eingesetzt, vielfältige Sujets aus allen Wissensgebieten anschaulich zu vermitteln und Bildungsangebote attraktiv zu gestalten. Zeitgenössisch galt die Projektionskunst als die ideale Verbindung von Belehrung und Unterhaltung.
Zielsetzung und Forschungsdesign des Projekts gehen von der These der Performativierung der populären Wissensvermittlung durch die Projektionskunst aus, die in vielfältigen performativen Konfigurationen realisiert wurde und die Entwicklung der modernen zeitbasierten AV-Medien zur Wissensvermittlung maßgeblich geprägt hat. Zur Untersuchung der Projektionskunst als Aufführungsereignis wird ein medienarchäologischer Ansatz verfolgt, der drei weit verbreitete Dispositive der Projektionskunst exemplarisch in den Blick nimmt und als signifikante Ausprägungen der Performativierung populärer Wissensvermittlung analysiert:
1) die Überführung der Phantasmagorie aus dem Kontext der Unterhaltung in den Kontext der Wissensvermittlung (1820-1830);
2) die Inszenierung von Wissensvermittlung in spektakulären Aufführungsereignissen der Volksbildung am Beispiel der sogenannten Nebelbilder (1858-1888);
3) die weite Verbreitung und Institutionalisierung der Projektionskunst als Medium der Anschauung in Volksbildung und Lehre (1870-1919).
Anhand einer Auswahl von überlieferten Werken (Glasbilderserien, Vortragstexte), historischen Apparaten und Schriftquellen leistet das Projekt einen grundlegenden Beitrag zu aktuellen Forschungsansätzen einer Archäologie des Screen und der performativen Gebrauchsmedien. Die Erschließung und digitale Edition schwer zugänglicher Archivalien zielt auch auf die Valorisierung und internationale Sichtbarkeit relevanter deutscher Archivbestände zur Geschichte der Projektionskunst und des Screen.
Das Forschungsprojekt wird gemeinsam vom Institut für Medienwissenschaft der Philipps-Universität Marburg (Prof. Dr. Yvonne Zimmermann) und dem Trier Center for Digital Humanities (TCDH) der Universität Trier (Prof. Dr. Claudine Moulin) durchgeführt. Senior Researcher an der Philipps-Universität Marburg ist Dr. Ludwig Vogl-Bienek. Die in Marburg erarbeiteten Fallstudien zur Performativierung der populären Wissensvermittlung in den drei untersuchten Dispositiven werden zusammen mit ausgewählten digitalen Archiveditionen auf der Online-Plattform eLaterna – Historical Art of Projection veröffentlicht, die vom TCDH in Zusammenarbeit mit der Medienwissenschaft der Universität Trier entwickelt wurde.
Das TCDH unterstützt mit seiner Expertise
Die Datenbank der virtuellen Forschungsumgebung von eLaterna – Historical Art of Projection wird vom TCDH für das Projekt vorbereitet. Die dort erarbeitete Metadatenstruktur wurde zunächst als Arbeitsgrundlage für die Datenerfassung übernommen und angepasst. Probeweise wurden vorab ermittelte Bestandteile der Quellenkorpora in die Datenbank importiert. Die technische Umsetzung der Aufgaben des TCDH wurde von Yu Gan übernommen.
Zur Erfassung diachroner Veränderungen von Gestaltungsrepertoires, angewandten Techniken, Verwendungskontexten und institutionellen Zusammenhängen in den drei exemplarischen Dispositiven der Projektionskunst wurde in Zusammenarbeit mit dem medienwissenschaftlichen Team das Datenmodell der virtuellen Forschungsumgebung (FuD) erweitert. Artefakte und Schriftquellen wurden zeitlich und nach Gestaltungsmerkmalen zugeordnet und mit kommentierenden Textbausteinen zur Kollation von performativen Konfigurationen, Verwendungskontexten und institutionellen Zusammenhängen verknüpft.
Das in Arbeitsphase 2 entworfene Datenmodell wurde in die virtuelle Forschungsumgebung FuD (Backend) integriert. Anschließend wurde die graphische Online-Oberfläche (Frontend) von eLaterna um ein Modul zur Visualisierung der zeitbezogenen Zusammenhänge zwischen den kollationierten performativen Konfigurationen entwickelt. Artefakte und Quellen zu den visuellen, sprachlichen und auditiven Elementen wurden auf einer Zeitachse dargestellt und das Netzwerk von Bezügen unterschiedlicher Ebenen (Motive, Aufführungsgestaltung, Materialität) visualisiert und durch interaktive Navigationsmöglichkeiten in Verbindung mit den zugehörigen Kommentaren zugänglich gemacht.
Die Implementierung der graphischen Benutzerschnittstelle wurde anhand der Fallbeispiele getestet und die dabei identifizierten Fehler korrigiert. Die erhobenen Daten wurden aus der virtuellen Forschungsumgebung zur Langzeitarchivierung vorbereitet und in Form von XML-Formaten exportiert.
Zugehörige Projekte: eLaterna, Die virtuelle Forschungsumgebung für die Geistes- und Sozialwissenschaften – FuD