Aschkenas in neuen Lebenswelten

Akteure, Praktiken und Räume in der jüdischen Geschichte Mitteleuropas während des 15. und 16. Jahrhunderts

Projektleitung: Universität Trier – Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden (AMIGJ)

Projektbeteiligte: Universität Trier, Mittelalterliche Geschichte · Universität Münster, Jüdische Studien · Universität Trier, Geschichtliche Landeskunde · Universität Duisburg-Essen, Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte

Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Laufzeit: -

Ansprechpartner (TCDH): Dr. Joëlle Weis

Forschungsbereich(e): Softwaresysteme und Forschungsinfrastrukturen, Digitale Literatur- und Kulturwissenschaften

Schlagworte:

Projektseite: Projektwebsite

Die Forschungsgruppe zielt ab auf ein vertieftes Verständnis der Lebenswelten aschkenasischer Jüdinnen und Juden im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. In jenen grob 200 Jahren seit dem Beginn der großen Vertreibungen um 1390 und bis zur demographischen Stabilisierung jüdischer Gemeinden unter repressiven Daseinsbestimmungen im Konfessionellen Zeitalter vollzogen sich gravierende gesellschaftliche Wandlungsprozesse. Damit verbunden waren massive Herausforderungen für den Fortbestand des mitteleuropäischen Judentums.

Dieses noch unzureichend verstandene Kapitel der jüdischen Geschichte erscheint zunächst in erheblichem Maß von Disruption, Dislokation und Migration gekennzeichnet, sodann aber auch durch die Herausbildung neuer Lebenswelten: Aschkenasische Juden ließen sich vermehrt jenseits der mittelalterlichen Kernlandschaften jüdischen Lebens im deutschsprachigen Raum (hebr. ashkenaz) nieder; wer blieb, lebte häufiger als zuvor außerhalb der städtischen Zentren. Die jüdische Landkarte in ganz Mitteleuropa änderte sich signifikant.

Diese kulturräumlichen und siedlungstopographischen Verschiebungen gingen mit Veränderungen in den politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sprachlichen und religiösen Rahmenbedingungen, aber auch in den religiösen, kulturellen und alltäglichen Praktiken einher. Die Veränderungen spielen sich in sozialen Räumen unterschiedlichster Reichweite und Struktur ab und werden durch kleinräumige, regionale und überregionale Mobilität und Migration wesentlich beeinflusst. Für ihr Verständnis reicht der Blick auf die Rahmenbedingungen allein nicht; vielmehr ist es unabdingbar, den jüdischen Akteuren, ihren Bewegungen im Raum im Verlauf der Zeit, ihren Beziehungen und Organisationsweisen größere Aufmerksamkeit zu widmen. Deren angemessene Beschreibung erfordert neue Verfahren der Quellenerschließung und -verknüpfung.

Dieses Vorhaben wird umgesetzt in einer Kombination judaistischer Zugänge mit solchen der Geschichtswissenschaften (Geschichte des Mittelalters, Geschichte der Frühen Neuzeit, vergleichende Landesgeschichte) und der Digital Humanities. Die sechs Teilprojekte der ersten Förderphase nehmen zum einen die Siedlungsverhältnisse im römisch-deutschen Reich, zum anderen die neuen Niederlassungen in Norditalien und Polen in den Blick. Um den Verbindungen zwischen diesen Regionen und zugleich der Bedeutung (jüdischer) Akteure gerecht zu werden, spielt die Prosopographie eine heuristische Schlüsselrolle. Im Zentrum des gemeinsamen wissenschaftlichen Programms steht die Arbeit an den Quellen, die in den Auf- und Ausbau eines Index fontium historiae Judaicae mündet, eines Onlineangebots für zukünftige Forschungen.

Die Teilprojekte der ersten Phase (2025–2029):

  • Teilprojekt 1: Interaktion und Organisation: Aschkenasische Juden in Oberitalien während des 15. und frühen 16. Jahrhunderts 
    (Projektleiter: Prof. Dr. Lukas Clemens, Universität Trier, Mittelalterliche Geschichte)
  • Teilprojekt 2: Bücher, ihre Hersteller und ihre Besitzer in neuen Siedlungsräumen (15.–16. Jahrhundert) 
    (Projektleiterin: Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel, Universität Münster, Jüdische Studien)
  • Teilprojekt 3: Extra muros, intra muros – Zugangsregulierungen gegenüber Juden in den Reichs- und Autonomiestädten der Frühen Neuzeit zwischen Norm und Praxis 
    (Projektleiter: Prof. Dr. Stephan Laux, Universität Trier, Geschichtliche Landeskunde)
  • Teilprojekt 4: Aschkenasische Juden in neuen urbanen Lebenswelten des Ostens am Beispiel Großpolens (1386–1434) (Projektleiter: Dr. Jörg Müller, Universität Trier, Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden)
  • Teilprojekt 5: Kontinuität und Wandel jüdischer Raumorganisation in den deutschen Landen zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit (Projektleiterin: Prof. Dr. Lucia Raspe, Universität Duisburg-Essen, Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte)
  • Teilprojekt 6: Jüdische Personendaten des 15.–16. Jahrhunderts: Computergestützte Modellierung und Auswertung (Projektleiter: Prof. Dr. Christof Schöch, Universität Trier, Trier Center for Digital Humanities; Dr. Christoph Cluse, Universität Trier, Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden)
  • Koordinationsprojekt (Projektleiterin: Dr. Joëlle Weis)

Zugehörige Projekte: Medieval Ashkenaz

Team TCDH

Dr. Joëlle Weis
E-Mail: weisatuni-trier [dot] de
Tel: +49 651 201-3017

Prof. Dr. Christof Schöch
E-Mail: schoechatuni-trier [dot] de
Tel: +49 651 201-3264

Ruth Bruchertseifer
E-Mail: bruchertseiatuni-trier [dot] de
Tel: 0651/201-3284

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