Interregionaler Wissenschaftspreis für Trierer Sprachhistoriker
Stiftungspreis der SaarLB für Forschungsprojekt „Mittelalterliche Archivalien der Großregion“
18.10.2012 | Allgemein
Bei der Verleihung des Interregionalen Wissenschaftspreises der Großregion wurden in diesem Jahr auch fünf Wissenschaftler der Universität Trier ausgezeichnet. Der mit 25.000 Euro dotierte zweite Preis, der als Stiftungspreis der SaarLB vergeben wurde, geht an das Forschungsprojekt „Mittelalterliche Archivalien der Großregion“. Die Jury würdigte insbesondere die grenzüberschreitende Dimension und die wissenschaftliche Qualität des Projektes.
Gemeinsam mit Kollegen aus Belgien (Université Catholique de Louvain-la-Neuve), Frankreich (Université de Lorraine, Nancy) und Luxemburg (Université du Luxembourg) haben die Trierer Sprachhistoriker Dr. Natalia Filatkina, Dominic Harion M.A., Falko Klaes, Prof. Dr. Claudine Moulin und Dr. Nikolaus Ruge zahlreiche mittelalterliche Dokumente aus der Großregion ausfindig gemacht, die beispielsweise Aufschluss über das Alltagsleben oder über politische Beziehungen zwischen Trier und Lothringen oder in Luxemburg geben.
Die Trierer Arbeitsgruppe zu den „Mittelalterlichen Archivalien“ ist aus einem Forschungsprojekt von Professor Moulin im Rahmen des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums (HKFZ) Trier hervorgegangen und wurde von diesem auch durch eine Anschubfinanzierung gefördert. Eine Vernetzung in die Großregion und die Anknüpfung an das von Dr. Hélène Schneider an der Universität Nancy initiierte Projekt der Grande Région folgten rasch. Kollektives Forschungsziel der disziplin- und ländergrenzenübergreifenden Projektgruppe ist die Untersuchung gemeinsamer Charakteristika, aber auch Differenzen der historischen, sprachlichen und rechtlichen Wurzeln sowie der Brauchtümer jener Länder, die heute der Großregion angehören. „Die gezielte interdisziplinäre Forschungsarbeit von Historikern und Sprachwissenschaftlern über Sprachen und Grenzen hinweg, die konsequente Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses in internationalem Rahmen sowie die Anbindung an neue Methodologien der Digital Humanities sind für uns eine Hauptquelle der Motivation gewesen. Der Preis stellt für uns eine große Ehre und auch einen Ansporn für die künftige Arbeit dar“ freut sich Professor Moulin über die Anerkennung des interregionalen Forschungsprojektes.
Indem es den Wert des gemeinsamen schriftlichen historischen Erbes herausstellt, leistet das Forschungsprojekt einen fundamentalen Beitrag zur Idee der Großregion. Hinzu tritt der fruchtbare interdisziplinäre Dialog, der erheblichen Anteil auch an der wissenschaftlichen Qualität des Projektes hat. Die Forschungsarbeiten verfolgen letztlich das Ziel, Methoden und Anliegen von Historikern und Sprachwissenschaftlern auch über Grenzen hinweg zu verbinden und derart einen angemessenen wie facettenreichen Zugriff auf die mittelalterlichen Quellen zu ermöglichen.
Das Preisgeld soll unter anderem der weiteren Quellenerschließung, dem Ausbau des Portals und der Nachwuchsförderung dienen.
Weitere Informationen zum ausgezeichneten Projekt „Mittelalterliche Archivalien der Großregion“:
Das Konzept des Forschungsprojektes geht auf die Idee zurück, eine gemeinsame zweisprachige Methodologie zur Erfassung des im Rahmen der Großregion auffindbaren Kanzleischriftgutes des 13. bis 15. Jahrhunderts zu erforschen – aus historischer wie auch aus philologischer Perspektive.
Zu diesem Zweck wurde eine projektübergreifende Datenbank eingerichtet, die sämtliche Parameter der Archivalien erfasst und sich dabei an gemeinsam festgelegten, einheitlichen Rahmenbedingungen orientiert – von der Verschlagwortung der Urkunden in verstreuten Beständen und Sammlungen bis hin zur physischen Beschreibung (Schreibmaterial, Maße, Siegel etc.) und der Analyse ihres Inhaltes mit Angabe und Bestimmung der Personen- und Ortsnamen. Nach der Einspeisung der historischen Dokumente in die Datenbank, folgte die Veröffentlichung über das Internet. Dabei lag der Fokus zunächst auf Urkunden der Grafschaften Bar, Lothringen und Luxemburg, deren Abfassung in die Zeit zwischen 1370 und 1430 fällt. Insgesamt wurden bisher ca. 1500 Dokumente in deutscher Sprache in den Urkundenbeständen von Lothringen und des Barrois ausfindig gemacht, wobei die breite Streuung der bislang größtenteils unveröffentlichten Archivalien eine besondere Herausforderung darstellt. Die Erschließung und Untersuchung der zahlreicheren französischsprachigen Archivalien schreitet gleichermaßen voran, zurzeit für das Gebiet des Großherzogtums Luxemburg. Inhaltlich geben die Archivalien etwa Auskunft über den Berufsalltag von Zimmerleuten und Bäckern in der Moselregion des 15. Jahrhunderts oder über die Herrschaftsbeziehungen der Herzöge von Luxemburg und ihrer Vasallen. Ferner zeigen sie sprachliche Dynamiken zwischen Germania und Romania auf, die bis heute das Zusammenleben der Großregion prägen.