Vortrag von Henning Bovenkerk (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, MiMoText Fellow)

„Quantitative Sozialgeschichte und Digital Humanities: Digitale Methoden zur Auswertung serieller Quellen“

Digitalisierung des Münsterischen Intelligenzblattes mit Pero

Datum:

06.12.2022

Ort:

16:15-17:45 Uhr (über Zoom)

Kategorie(n):

Veranstaltung
Henning Bovenkerk gibt Einblick in sein Projekt: „Quantitative Sozialgeschichte und DigitalHumanities: Digitale Methoden zur Auswertung von seriellen Quellen“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Praxis der DH“.

Mining Consumption

Analyse von Konsum und kultureller Aneignung von Luxus- und Kolonialgütern im Spiegel des Münsterischen Intelligenzblatts (1765-66, 1768-1849) mit Hilfe von Text Mining (Henning Bovenkerk)

 

Intelligenzblätter stellen einen großen Fundus serieller Quellen der frühen Neuzeit dar. Dennoch sind sie zu Fragestellungen der Konsumgeschichte in Deutschland – im Kontrast zur europäischen Forschung ähnlicher Quellen – bisher nur wenig untersucht worden (Fleischmann-Heck 2019). Das vorgestellte Projekt setzt hier an und möchte das Münsterische Intelligenzblatt (1765-66, 1768-1849) als ein frühes Beispiel dieser Quellengattung aus konsumgeschichtlicher Perspektive anhand von Text Mining-Verfahren untersuchen. Im Zentrum stehen dabei Fragen nach Nachweisen und Darstellungen von frühneuzeitlichem Konsum und kultureller Aneignung von Luxus- und Kolonialgütern, wie beispielsweise Kaffee, Tee, Porzellan und Baumwolltuche. Das Projekt bewegt sich damit im Forschungskontext der – immer noch stark – diskutierten These einer Konsumrevolution im frühneuzeitlichen Europa (McKendrick 1982).

Das Münsterische Intelligenzblatt ist aus konsumgeschichtlicher Perspektive interessant, da es neben amtlichen Mitteilungen zu Gerichtsterminen, Preistaxen, Ankündigungen von Versteigerungen und Verkäufen, usw. auch Rubriken wie Vermischte Nachrichten und Vermischte Neuigkeiten aus verschiedenen Orten enthält. Diese Mischung erlaubt es Konsum und Aneignung neuer Konsumgüter aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten: Erstens kann die Erwähnung neuer Konsum- und Luxusgüter in den Zeitschriftartikeln und –annoncen untersucht werden, um die Ausweitung des Konsums dieser Güter in der Gesellschaft zu erfassen. Zweitens bietet sich die Möglichkeit, durch (Werbe-)Anzeigen von Produkten und die Ankündigungen von Importen neuer Waren die kulturelle Aneignung der Güter in Bezug darauf zu analysieren, wie für sie geworben wird: als medizinischem Heilmittel, modischem Accessoire oder exotischem Luxusartikel. Diese Ergebnisse werden drittens durch eine große Zahl von Annekdoten und berichteten Vor-/Unfällen der verschiedenen Nachrichten ergänzt, die – basierend auf einer ersten exemplarischen Durchsicht einiger Jahrgänge – tiefere Einblicke in Konsum und Verwendung der Güter bieten; sei es bei naheliegenden Beschreibungen von sozialen Interaktionen wie Kaffee- und Tee-„Kränzchen“ bis hin zu weniger offensichtlichen Erwähnungen bei Schilderungen von Verbrechen.

Im projektierten Vorhaben soll das Intelligenzblatt anhand zweier Methoden des Text Minings, der Frequenzanalyse und Kookkurenzanalyse, ausgewertet werden. Die Frequenzanalyse erlaubt vor allem einen Erkenntnisgewinn auf den oben erstens genannten Aspekt zur erzielen, da damit die Häufigkeit einzelner Konsumgüter oder von Gütergruppen in Artikeln, Ausgaben oder Jahrgängen analysiert werden kann. Mit der Kookkurenzanalyse werden Ergebnisse zu den oben zweitens und drittens genannten Aspekten gewonnen, da mit dieser die Verbindung zu Wortfeldern und damit Themenfeldern untersucht werden können. So können Rückschlüsse auf Arten der Aneignung und der Verwendung gezogen werden. Letztendlich können diese Ergebnisse durch exemplarische Artikel des Blatts ergänzt werden, die ebenfalls über beide Analyseansätze aufgefunden werden können.


Schlagworte: Wissenschaftliche Nachwuchsförderung (Graduierten- und Stipendienprogramme), Text Mining