Dr. Joëlle Weis im Interview mit SWR Kultur

Lesen Frauen anders? Forschende vergleichen die Bibliotheken von Fürstinnen im 18. Jahrhundert

07.08.2024 | Allgemein, Projektnews

Interview vom 7.8.2024
Idealdarstellung der Bibelsammlung von Elisabeth Sophie Marie von Braunschweig-Lüneburg, Johann Georg Schmidt, Braunschweig, 1752

SWR Kultur interviewt Dr. Joëlle Weis zum neuen Langfristvorhaben „Fürstinnenbibliotheken und Wissenspraktiken im deutschsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts”, dem die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und das Trier Center for Digital Humanities in den kommenden zwölf Jahren nachgehen wird. 

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Zum Projekt:

Fürstinnenbibliotheken standen in den letzten Jahren immer wieder im Fokus der Aufmerksamkeit von Forscherinnen, doch bisher fehlt eine systematische Aufarbeitung der Bestände, die im ganzen deutschsprachigen Raum verstreut sind. Das Projekt möchte hier ansetzen und verfolgt den Aufbau einer digitalen Plattform, mit der erstmal der Buchbesitz von Fürstinnen umfassend rekonstruiert und die qualitative Untersuchung der buchbezogenen Wissenspraktiken der Fürstinnen ermöglicht werden. Die Basis der Untersuchung bilden 99 Bibliotheken, die in den letzten Jahren ausfindig gemacht werden konnten. Sie sind dank historischer Bibliotheks-, Auktionskataloge oder anderen Quellen wie Briefe und Tagebücher überliefert. In vielen Fällen finden sich auch die Originalbücher noch heute in Bibliotheken. Berühmtes Beispiel ist etwa die Anna Amalia Bibliothek in Weimar, die die Bücher der namensgebenden Fürstin aufbewahrt. Anhand dieser Exemplare können Lesespuren wie Unterstreichungen und Notizen entdeckt werden und daraus Schlussfolgerungen auf das Leseverhalten der Fürstinnen gezogen werden.

Um vergleichbare und aussagekräftige Daten zum Buchbesitz fürstlicher Frauen zu erhalten, werden auf der Plattform bibliographische Informationen der untersuchten Bücher mit exemplarspezifischen Informationen, zum Beispiel zu Provenienzen oder Lesespuren und biographischen Daten zu einem Knowledge Graph verknüpft. Auf diese Weise wird die intellektuelle und gelehrte Betätigung der Frauen sichtbar gemacht und ihr substanzieller Beitrag zur Wissensgesellschaft der Aufklärung aufgedeckt. 

Damit wird das Projekt einen innovativen Beitrag in der geschlechterbezogenen Wissensgeschichte und der digitalen Sammlungsforschung leisten, der anschlussfähig für eine Vielzahl weiterer Teilgebiete der historischen Forschung ist.


Tags: Fürstinnenbibliotheken, Buch- und Bibliotheksgeschichte, Wikibase, Linked Open Data, 18th century