von Stefan Knödler
Ob August Wilhelm Schlegel als Hochschullehrer wohl positiv evaluiert worden wäre? Das Ergebnis dürfte, soviel wir wissen, einigermaßen gemischt ausgefallen sein. Zumindest über seine Vorlesungen gehen die Meinungen auseinander. So notierte das „Berliner Conversations-Blatt für Poesie, Literatur und Kritik“ anlässlich des Beginns von Schlegels „Vorlesungen über Theorie und Geschichte der bildenden Künste“, die er in der Berliner Singakademie im Frühjahr 1827 gehalten hat:
Was den Inhalt dieser ersten Vorlesung betrifft, so dürfte schwerlich ein Anderer bei solcher Gelegenheit so die glückliche Mitte zwischen Gelehrsamkeit und Spekulation auf der einen Seite, und der bloßen Conversation auf der andern zu halten wissen, als Herr von Schlegel, weshalb gewiß auch den Anwesenden nichts Dunkles und Unklares selbst da, wo er von Kant und Plato sprach, geblieben ist. Was aber die Form betrifft, so bedarf es keiner weiteren Erinnerung, da er hierin von jeher und in jeder Weise, in dem kleinsten Sonett, wie in der größten akademischen Abhandlung Meister und Muster war.
Andere zeigten sich weniger begeistert, etwa Karl August Varnhagen von Ense:
Er spricht frei, ohne Heft, und in ganz guter, anmuthiger Rede, aber was er sagt, ist veraltet, flach, gering; selbst die Damen meinen, sie lernten bei ihm nichts. Seine persönlichen Eitelkeiten, Einbildungen, Prunkäußerungen u. s. w. fallen jedermann auf, werden belächelt und belacht, und nicht immer schonend. Doch hat man ihn im Ganzen gern, und thut ihm viele Ehre an.
Solchen Aussagen könnte man vor allem beim ‚späten’ Schlegel zahlreiche ganz ähnliche zur Seite stellen. (‚Spät’ ist Schlegel, obwohl er dann noch 41 Jahre lang leben wird, bereits nach seinem Weggang aus Berlin im Jahr 1804, in dem er mit Madame de Staël als Hauslehrer ihrer Kinder in die Schweiz geht.) Die berühmt-berüchtigten – und nachhaltig rufschädigenden – Invektiven Heinrich Heines gegen seinen ehemaligen Lehrer im zweiten Buch der „Romantischen Schule“ (1833–1836), wo Schlegel als „Dilettant“, als eitler Geck, der „sich selber beständig im Spiegel“ sieht, als Opportunist, als weibisch und geistlos erscheint, sind keine Einzelfälle. Zwei Dinge werden Schlegel dabei stets vorgeworfen: Er sage nichts Neues und wiederhole im Grunde das, was er zur Zeit des „Athenäums“ und der Berliner Vorlesungen bereits gesagt habe, und seine Eitelkeit mache ihn zu einer lächerlichen Figur.